Im April erging beim OLG Jena eine Entscheidung, die Sie in Zukunft Ihren Bußgeldbescheid zweimal lesen lassen wird: Damit ein Betroffener sich nach Erhalt eines Bußgeldbescheides bestmöglich verteidigen kann, muss sofort und eindeutig erkennbar sein, welches Tun oder Unterlassen Grund für das Verfahren ist. Der weitere Akteninhalt darf nur als Ergänzung gesehen werden und der Konkretisierung des Tatvorwurfs dienen. Kurzum, das Fehlverhalten muss in einem Bußgeldbescheid einfach, genau und vollständig dargestellt werden.
Diese Entscheidung durch den Beschluss des OLG Jena vom 18. April 2016 (1 OLG 121 SsRs 6/16, Abruf-Nr. 187779) bezog sich auf einen Bußgeldbescheid in welchem dem Betroffenen vorgeworfen wurde, er hätte als Fahrer eines Lkw die vollziehbare Auflage einer Ausnahmegenehmigung oder Erlaubnis nicht befolgt, indem er „Fahrzeit“ und „Brückenauflagen“ nicht eingehalten habe. Das OLG sah in dem gegen den Betroffenen erlassenen Bußgeldbescheid, und der darin festgelegten Geldbuße von 60 Euro, ein „Versagen des rechtlichen Gehörs“ und es greife daher der Zulassungsgrund des § 80 Abs. 1 Nr. 2 OWiG. Begründung dafür waren insbesondere die Unvollständigkeit der Angaben der dem Betroffenen zur Last gelegten Tat. Es war nicht ersichtlich, welchen genauen Inhalt die Auflage „Fahrzeit“ und „Brückenauflagen“ hatte und wogegen der Betroffene konkret verstoßen hatte, was nach Auffassung des Gerichts auch ohne Akteneinsicht ersichtlich sein muss.
Wieder einmal zeigt sich, dass Gerichte grundsätzlich zum Schutz der Bürger eingesetzt sind und daher auch in ihrem Sinne urteilen. Vermutlich müsste sich der Fahrer des besagten LKW zwar tatsächlich einen Verstoß gegen Auflagen vorwerfen lassen – hier hat die Behörde es aber vollkommen versäumt, dies klar und für den Fahrer verständlich zu formulieren. Aus Sicht des Fahrer hat sich das Motto „sei schlau, stell Dich dumm“ damit auf jeden Fall gelohnt.
Für alle anderen Verkehrsteilnehmenr bedeutet dies ab heute: Bußgeldbescheide nicht einfach blind zahlen – lieber erst einmal gucken, ob eindeutig erkennbar ist welches Tun oder Unterlassen den Gegenstand des Verfahrens bildet – und falls nicht, am besten sofort einen Verkehrsrechtsanwalt einschalten.